Grundwissen der Technischen Analyse

Grundwissen der Technischen Analyse

Die technische Analyse ist ein besonderer Bereich der Börse. Während ihn die einen für esoterischen Unsinn halten, sehen die anderen in ihr ein weiteres hilfreiches Werkzeug, um eine Aktie besser zu analysieren.

Was mich betrifft, so halte ich die technische Analyse für eine wichtige Säule im Trading.


Was du in diesem Beitrag erfährst:

Wir klären dabei folgende Fragen:

1. Was ist eigentlich ein Kurs und wie setzt er sich zusammen?

2. Welche Arten gibt es, einen Chart darzustellen?

3. Wovon geht die technische Analyse aus?

4. Unterstützung und Widerstände

5. Akkumulations- und Distributionsphase

6. Wie erkenne ich einen Trend?

7. Zeitebenen

8. Kurszielbestimmung

9. Indikatoren

10. Fazit


1. Was ist ein Kurs und wie setzt er sich zusammen?

Ein Kurs kommt zustande, wenn ein Käufer und ein Verkäufer sich handelseinig werden und somit einen Kurs bestimmen. Auf der ganzen Welt möchte immer jemand eine Aktie loswerden, während ein anderer sie haben will. Wenn sie sich im Preis einig sind, kaufen, oder verkaufen sie. Das passiert ständig und so wird der Kurs immer weiter festgesetzt. Natürlich ist das nur eine Momentaufnahme, da ständig neue Käufer und Verkäufer auf den Markt kommen und jeder seinen ganz eigenen Grund hat, eine Aktie zu kaufen oder zu verkaufen.

Der Kurs ist also eine Ansammlung von Entscheidungen, die Menschen bezüglich dieser Aktie treffen.

Nimmt man die Umsätze dazu, die in jeder Minute über den Tisch wandern, so erhält man einen Chart. Dieser zeigt uns im Groben an, wie die Stimmung an der Börse ist. Positiv oder negativ.

Die technische Analyse kann aber noch mehr darin sehen als nur die grobe Stimmung, dazu aber später mehr.


2. Welche Arten gibt es, einen Chart darzustellen?

Linienchart:

Über die Zeit gab es immer wieder neue Arten, einen Chart darzustellen. Wer sich gelegentlich die Börsennachrichten ansieht, kennt sicher den Linienchart. Er ist der einfachste Chart in der technischen Analyse und zeigt einfach einen groben Überblick. Dabei werden die Schlusskurse zu einer gewissen Zeit (1 Minute) zusammengeführt und mit Linien fortgezeichnet.

Candlestick-Chart:

Neben dem Linienchart ist der zweitbekannteste wohl der Candlestick-Chart. Dieser wird mit einzelnen Kerzen dargestellt und ist heute der gängigste Chart in der technischen Analyse. Anders als der Linienchart ist der Candlestick-Chart um einiges genauer, da man zu jeder Zeiteinheit nicht nur die Schlusskurse sehen kann, sondern auch das absolute Hoch in dieser Zeit, das absolute Tief, den Anfangskurs und den Schlusskurs.

Anhand dieser Informationen kann man schon sehr viel aus dem Chart herauslesen.

Abbildung 1

Range Bar Chart:

Die etwas jüngere, aber dennoch recht verbreitete Chartdarstellung ist die Range Bar. Diese wurden in den 1990er Jahren von Vincent Nicolellis entwickelt. Anders als bei Candlestick-Charts spielt die Zeiteinheit hier keine Rolle. Die „Kerzen“ werden hier anhand von Preisbereichen gebildet.

Wenn die Bars also auf eine Bewegung von 100 Pips eingestellt sind, dann werden Kerzen erstellt, die genau 100 Pips lang sind. Also vom absoluten Tief, zum absoluten Hoch gemessen.

Diese Chartdarstellung ermöglicht es, Trends besser sichtbar zu machen, da sie das Marktrauschen unterdrückt.

Abbildung 2

Heikin Ashi:

Die letzte Chartdarstellung, die ich hier vorstelle, Heikin Ashi. Sie ist in der Darstellung anfangs leicht mit den gewöhnlichen Candlesticks zu verwechseln, allerdings gibt es einen besonderen Unterschied bei der Berechnung der Kerzen.

Bei Heikin-Ashi-Kerzen wird der Eröffnungskurs der aktuellen Kerze vom Durchschnitt des Eröffnungs- und Schlusskurses der vorherigen Kerze bestimmt. Einfach gesagt: Fängt die nächste Kerze immer in der Mitte der vorherigen Kerze an? Der Schlusskurs der aktuellen Kerze ist der Durchschnitt von Eröffnung, Schluss, Hoch und Tief der aktuellen Kerze.

Das absolute Hoch und Tief sind wie bei dem Candlestick-Chart das absolute Preisniveau, das während der Zeitspanne erreicht wurde.

Diese Chartdarstellung ermöglicht es, Trends besser sichtbar zu machen, da sie das Marktrauschen unterdrückt. Durch die Berechnungsmethode gibt es längere gleichfarbige Phasen, die bei der Trendanalyse sehr hilfreich sein können.

Es gibt noch viele andere Chartdarstellungen, die man verwenden kann. Ich kann sie in einem anderen Beitrag besprechen, wenn das gewünscht werden sollte. An sich gehören diese 4 aber meiner Meinung nach zu den wichtigsten.


3. Wovon geht die technische Analyse aus?

Kurz gesagt: Die Analyse geht davon aus, dass es Preisniveaus gibt, die sich vorhersagen lassen.

Bevor ich darauf eingehe, sollten wir allerdings die Frage stellen, ob Charts zufällig entstehen. Denn wenn dem so ist, dann ist ein Vorhersehen der Kurse doch ziemlich unmöglich, oder?

Im Internet und in den Börsenbüchern gibt es unzählige Versuche, Charts anhand von Würfeln zu zeichnen. Ich will dich nicht lange auf die Folter spannen: Bei einer ausreichenden Menge von Variablen, kommt ein nahezu perfekter Chart dabei heraus.

Ein weiteres Experiment besagt, dass ein Affe ein besserer Spekulant ist als die meisten wirklichen. Angeblich wurde einem Affen jeden Monat eine Auswahl von 30 Aktien anhand von Bauklötzen zur Verfügung gestellt, aus denen er 5 auswählen konnte. Am Ende des Jahres wurden die Ergebnisse mit den der Fondsmanager verglichen und es stellte sich heraus, dass der Affe besser als 95 % der Manager war.

Burton Malkiel schrieb dazu ein interessantes Buch, „A Random Walk Down Wall Street“. In diesem Buch zeigt er, dass Preisbewegungen an der Börse zufällig und unvorhersehbar sind und es dadurch schwer ist, den Markt systematisch zu schlagen.

Aber wenn der Markt nicht zu schlagen ist, und alles nur zufällig zustande kommt, wieso gibt es dann so viele Bücher über Charttechnik und warum betreibe ich überhaupt so einen Blog?

Etwa um mit der Börse durch euch doch noch mein Geld zu verdienen? Nichts könnte mir ferner liegen.

Zwar zeigen all diese Experimente, dass die Preisbewegungen zufällig sind, allerdings kann man sich in solchen Fällen immer noch auf die Wahrscheinlichkeit und die Statistik verlassen. Es gibt Situationen und Ereignisse wie beispielsweise Wirtschaftsdaten, die verschiedene Preisbewegungen wahrscheinlicher machen und die Trader nutzen können. Trader sitzen im Grunde in ihrem eigenen Casino.

Wie das Casino wissen sie, dass sie Geld verlieren können, dass die langfristige Wahrscheinlichkeit aber auf ihrer Seite ist.

Um das zu erklären, sehen wir uns einen Roulettetisch an. Ein Roulettetisch hat 37 Felder (1–36 und eine 0). Es gibt Schwarz und Rot, somit sind die Chancen des Casinos und des Spielers genau 50:50, wenn man auf die Farben setzt. Der Gamechanger ist die 0. Sie ist grün und verschiebt die Chancen somit zugunsten des Casinos auf 51,4 %. Diese 1,4 % reichen aus, um aus einem vom Zufall bestimmten Spiel einen Gewinn für das Casino zu machen.

Ein Trader geht nicht anders vor. Er weiß, dass er die Wahrscheinlichkeit nur um 1 % verschieben muss, um auf lange Sicht erfolgreich zu sein. Wer also Wirtschaftsdaten richtig deuten kann, hat bereits seinen Vorteil. Es gibt aber auch immer wieder Beobachtungen, dass verschiedene Preisbereiche einen gewissen Widerstand zeigen. Das liegt daran, dass die Menschen unter gewissen Umständen emotional handeln, ohne es zu merken. Dennoch spiegelt sich das im Preis wider. Wer solche Verhaltensweisen kennt, der kann sie auch nutzen und die Wahrscheinlichkeit für sich arbeiten lassen.

Es ist also möglich, Preisbewegungen vorherzusagen. Auch wenn die Trefferquote vielleicht nur bei 60 % liegen mag, reicht das aus, um als Trader zu bestehen.


4. Unterstützung und Widerstände

Wie ich oben bereits erwähnt habe, gibt es Preisbereiche, die scheinbar einen Widerstand bilden.

Warum sich diese Unterstützungen und Widerstände bilden, kann viele Gründe haben. Manchmal sind es einfach runde Marken, die Trader immer im Auge behalten. Man stellt aber auch immer wieder fest, dass manche Indikatoren oder gleitende Durchschnitte in dieser Zone eine wichtige Marke haben. Wenn viele Marktteilnehmer einen Indikator benutzen, kann dort ebenfalls so eine Zone entstehen.

Im Grunde ist es einfach ein Preisniveau, bei dem die Nachfrage stark genug ist, um den Preis zu stützen. Gerade bei Seitwärtsphasen ist das schön zu beobachten. Im unteren Bereich kaufen die Trader, um sie dann im oberen Bereich der Range wieder zu verkaufen.

Abbildung 3

In der Praxis sind solche Zonen recht einfach zu erkennen. Je öfter eine Zone berührt, also angetestet wird, desto mehr Gültigkeit besitzt sie. Sollte sich der Preis dort allerdings nicht halten, können durchaus schnelle und starke Bewegungen entstehen. Das liegt einfach daran, dass sich ein Trader im unteren Bereich eindeckt und kauft. Sollte der Kurs im Anschluss weiter auf ein gewisses Niveau fallen, so greift der Stopp des Traders und verkauft seine Position, was den Abverkauf natürlich noch weiter verstärkt. Je mehr Teilnehmer so handeln, desto stärker werden die Bewegungen.

Um es noch besser zu verstehen, wie solche Zonen entstehen, sehen wir uns zwei Arten von Tradern an. Trader 1 und Trader 2 also. Trader 1 eröffnet eine Long-Position. Der Kurs steigt und unser Trader hat schon einiges an Gewinn anhäufen können. Er verkauft also seine Position wieder. Trader 2 geht davon aus, dass der Kurs weiter steigt, also geht er jetzt long. Der Kurs fällt wieder., da Trader 1 und viele mit ihm verkauft haben. Trader 2 ist aber sicher, dass er recht hat. Das unterstreicht er, indem er keinen Stopp setzt. Der Kurs fällt weiter, bis auf das Niveau, an dem unser Trader 1 das erste Mal gekauft hat. Trader 1 kauft also wieder. Schließlich hat es schon einmal funktioniert, wieso soll es nicht noch einmal funktionieren? Während unser Trader 1 also bester Laune ist, betet unser Trader 2 zu den Börsengöttern und hofft auf Gnade. Seine Position löst er nicht auf, schließlich kann er sich so einen Verlust nicht leisten. Die Gebete von Trader 2 wurden erhört und der Kurs steigt wieder. Das liegt aber nicht an den Börsengöttern, sondern daran, dass Trader 1 und viele andere Trader mit ihm eine Kaufzone kreiert haben. Der Kurs steigt wieder und Trader 1 steigt wieder bei demselben Niveau aus. Trader 2 steigt ebenfalls mit einem leichten Verlust aus. Er ist einfach nur froh, aus diesem schrecklichen Trade herausgekommen zu sein, ohne sein letztes Hemd zu verlieren. Und schon wurde eine Widerstandszone gebildet.

Theoretisch könnte das immer so weitergehen, allerdings bricht der Kurs früher oder später in die eine oder andere Richtung aus. Das liegt einfach daran, dass es eine Grundstimmung an der Börse gibt, das sogenannte Sentiment.

Sind die Teilnehmer eher bullish, so wird es immer mehr Käufer in den Markt ziehen. Je mehr Käufer im Markt sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Kurs einer Aktie nach oben aus einer Seitwärtsphase bewegt. Das Gleiche gilt in einem bärischen Sentiment für die Unterstützungszone.

Ein Widerstand oder eine Unterstützung ist allerdings, wie bei allem in der technischen Analyse, keine exakte Wissenschaft. Eine einfache Linie wird einem Widerstand oft nicht gerecht, deshalb Zonen. Es ist durchaus möglich, dass die gebildeten Tiefs mehrere Prozente auseinanderliegen.

Unterstützungen und Widerstände, die gebrochen werden, bleiben relevant. Beim Bruch solcher Linien entsteht ein Polaritätswechsel. Das heißt, dass eine Unterstützung dann als Widerstand betrachtet wird und ein Widerstand dann als Unterstützung fungiert.


5. Akkumulations- und Distributionsphase

Die Akkumulations- und Distributionsphase beschreibt im Grunde einen Trendwechsel, also eine Distribution (Umverteilung).

Gemeint ist damit das Smart Money. Bei Trendphasen kommt oft der Punkt, wo plötzlich jeder über Aktien redet. Jeder Privatanleger will jetzt plötzlich diese Aktien haben. Das ist der Moment, an dem sich das Smart Money langsam aus dem Markt zurückzieht, oder diesen sogar shortet.

Im Kurs zeigt sich das oft darin, dass die Luft einfach raus ist. Die Kurse steigen noch, aber die Dynamik ist raus. Oft bildet der Kurs in solchen Phasen Doppeltops oder Schulter-Kopf-Formationen.

Abbildung 4

Wenn wir diese Kurve also weiter verfolgen, so kommt nach dem Abschwung die Akkumulationsphase. Hier kauft das Smart Money wieder Aktien und löst den nächsten Trend aus, während die privaten Anleger einer Depression nahe sind und ihre Bestände wieder verkaufen.

Das Ganze ist stark vereinfacht und viele glauben sicher nicht, dass es immer so abläuft. Denn man selbst ist ja immer anders. Da wir hier aber vom Traden sprechen und nicht vom Buy-and-hold, kann ich nur sagen, dass der große Teil der privaten Trader so reagiert. Wer mir nicht glaubt, kann sich auf der Plattform seines CFD-Brokers mal umsehen. Ich habe noch keinen gesehen, bei dem nicht mindestens 70 % der Kleinanleger Geld verlieren.


6. Wie erkenne ich einen Trend?

Zuerst einmal ist zu klären, was ein Trend überhaupt ist. Ein Trend ist eine übergeordnete Übereinstimmung der Marktteilnehmer, in welche Richtung sich der Markt entwickeln wird. Die Trader sind sich also auf lange Sicht (relativ betrachtet) einig, in welche Richtung sich ein Wertpapier bewegen wird.

Ein Trend ist aber keine einfache Bewegung nach oben, sondern wird meist in Wellen vollzogen.

Dabei ist zwischen einer Trendbewegung und dem eigentlichen Trend zu unterscheiden. Eine Trendbewegung ist lediglich eine kurzfristige Bewegung in Richtung des Trends, bevor diese wieder abverkauft wird.

Akkumulations- und Distributionsphase in Miniaturform, wenn man so will. Der eigentliche Trend ist die Gesamtansicht der Bewegung in größeren Zeiteinheiten. Mit all seinen Akkumulations- und Distributionsphasen. Wenn man die höheren Hochs und die höheren Tiefs durch eine Linie miteinander verbindet, erhält man einen Trendkanal.

Abbildung 5

Wie man in der Abbildung sehen kann, zeichnet sich ein klassischer Trend von höheren Hochs und höheren Tiefs ab. Sobald ein neues Tief gebildet wird, das unter dem alten Tief liegt, oder kein neues Hoch gebildet wird, ist der Trend gebrochen. Konkret an unserem Beispiel bedeutet das: Wenn der Kurs jetzt drehen und unter das Tief 3 fallen würde, so wäre der Trend vorbei. Tief 2 und Tief 1 würden in diesem Fall dann zu den ersten Unterstützungszonen zählen, allerdings keine sehr starken.

Bei einem Abwärtstrend verhält es sich genau umgekehrt. Der Trend entsteht, indem ein immer tieferes Tief und ein immer tieferes Hoch ausgebildet werden. Der Trend endet, wenn das letzte Hoch überschritten oder kein neues Tief mehr ausgebildet wird.

Wie oben schon angesprochen, sind auch die Akkumulations- und Distributionsphase schön zu sehen. Der Kurs steigt und fällt dann immer wieder zurück. So ein Bild ist gesund. Wenn der Kurs ein neues Hoch nach dem anderen bildet, sprechen wir lediglich von einer Trendbewegung. Je stärker diese Bewegungen sind, desto stärker kann auch die Gegenbewegung ausfallen.

Psychologisch zeigt uns der Markt mit diesen Phasen klare Tendenzen.

Trendrichtungen: Trendintensität:

Aufwärtstrend = positive Masse flach = unsichere Masse = gefährdeter Trend

Abwärtstrend = negative Masse mittlerer = sichere Masse = sicherer Trend

Seitwärts = unsichere Masse, steiler = sehr sichere Masse = gefährdeter Trend

Trenddauer:

Primärer Trend = langfristig 1 Jahr oder länger

sekundärer Trend = mittelfristig 1 Jahr bis 4 Wochen

tertiärer Trend = kurzfristig bis 4 Wochen

Die Trendrichtung und die Stimmung der Massen, die sie widerspiegeln sollte, sollten klar sein. Etwas unklarer dürfte die Trendintensität sein. Bei flachen Trends ist sich die Masse nicht sicher, ob dieser wirklich Bestand hat, oder ob es überhaupt schon ein Trend ist. Die Masse ist sich unsicher und läuft leicht Gefahr, in eine Seitwärtsphase zu wechseln.

Ein Trend wie in Abbildung 5 ist ein mittlerer Trend. Er ist stabil und läuft weder zu stark in die eine Richtung, noch in die andere. Die Masse ist sich der Richtung sicher.

Wenn der Trend aber zu steil wird, wird es für den Trend wieder gefährlich. Die Masse ist sich absolut sicher, dass es immer weiter nach oben geht. Sie sind geradezu euphorisch und ignorieren jedes Warnsignal. Da der Trend so schnell steigt, werden sehr viele Teilnehmer kaufen und dadurch auch rasant hohe Gewinne anhäufen, die dann alle zügig wieder realisieren wollen. Dadurch entsteht eine dynamische Bewegung, die schnell nach oben geht und dann auch wieder sehr heftig nach unten geht. Käufer gibt es nach dieser Abschwächung aber dann weniger, da zu viele oben gekauft haben. Der Trend wird instabil.

Je länger ein Trend besteht und je mehr Berührungspunkte er mit der Trendlinie hat, desto bedeutsamer ist er für die Charttechnik.

Die meisten Trader machen den Fehler, in einem Aufwärtstrend zu shorten. Nach dem, was Sie gerade gelesen haben, macht das im Moment sicher keinen Sinn, allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass auch Sie irgendwann versuchen, den Markt im Trend zu shorten. Deshalb der Tipp: Tun Sie es nicht.

Der Grund ist einfach. Wir alle lieben Schnäppchen. Wenn der Markt also steigt und wir einen Trend erkennen, glauben wir oft, wir haben den Trend schon verpasst. Er ist viel zu weit gelaufen, um jetzt noch einzusteigen. Aber wir können trotzdem ein Schnäppchen machen. Jetzt, wo der Markt so hoch ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er wieder fällt. Also shorten wir einfach oben, weil der Markt teuer ist.

Diese Gedanken hatte wohl jeder Trader schon einmal. Manche shorten jetzt, andere sind geduldiger und warten auf den ersten Rücksetzer, der dann doch wieder gekauft wird.

Ein „zu teuer“ gibt es nicht. Trends gehen irgendwann zu Ende, aber nicht wenn der Markt zu teuer ist, sondern wenn die Leute nicht mehr daran glauben. Und das ist oft erst der Fall, wenn die eigentlichen Bewertungen schon lange zwischen Himmel und Hölle sind. Stelle dich also niemals gegen den Trend, nur weil du glaubst, der Kurs muss drehen, weil er schon viel zu hoch ist.


7. Zeitebenen:

Die Zeitebenen spielen beim Trading eine entscheidende Rolle. So kann ein Short-Trade, der für dich keinen Sinn ergibt, durchaus einen Sinn ergeben, wenn man die richtige Zeitebene auswählt.

Wenn wir einen Chart betrachten, dann sehen wir im Tages- oder auch im Wochenchart, das große Ganze. Gibt es einen Trend? Wie stark ist dieser ausgeprägt usw. Wenn wir einzelne Kerzen betrachten, dann können wir das auch. Wir sehen die unteren Zeitebenen zusammengefasst auf einer Kerze. Wenn wir aber sehen wollen, wie diese Zusammenfassung entstanden ist, so müssen wir in die unteren Zeitebenen schauen.

Abbildung 7

In Abbildung 7 ist eine untere Zeitebene dargestellt, die sich in der Stundenkerze versteckt. Im Stundenchart ist es eine klare bullishe Kerze. Möglicherweise wird diese Kerze noch in einem Aufwärtstrend ausgebildet. Somit würde niemand auf einen Short spekulieren, wenn er sich das ansieht. Geht man aber ein paar Zeitebenen nach unten in den 1-Minuten-Chart, so könnte sich Short durchaus eine Möglichkeit ergeben.

Der Kurs steigt stark an und fällt dann aber nach einem Top wieder sehr deutlich zurück, bevor er schließlich konsolidiert. Die Unterstützung, die sich hier gebildet hatte, konnte sich aber nicht halten, und so fiel der Kurs noch weiter nach unten, sogar noch unter den Anfangswert der 1-Stunden-Kerze. Schließlich schloss die 1-Stunden-Kerze sehr anständig im Plus, der Aufwärtstrend im 1-Minuten-Chart ist hier aber für den Moment gebrochen worden.

Womit wir schon beim nächsten Teil der Zeitebenen wären. Wie du sicher bemerkt hast, eignen sich verschiedene Zeitebenen durchaus, um bessere Ein- und Ausstiege zu finden. Während der Trend in einer Zeitebene noch in vollem Gange ist, könnten wir in anderen Zeitebenen schon erkennen, ob dieser endet.

Aber Achtung, das obige Beispiel in Abbildung 7 eignet sich eher weniger dafür, da es eine Stundenkerze mit 1-Minuten-Kerzen vergleicht. Je kürzer die Zeitebene, in der die Kerzen gebildet werden, desto weniger aussagekräftig und kurzlebiger sind deren Muster und Trends. Die höherliegende Zeitebene hat also immer mehr Gewicht als die untere.

Warum ist das wichtig?

Letzten Endes geht es darum, zu erkennen, wo wir uns in einer Bewegung befinden. Trade ich den Trend, oder trade ich die Korrektur des Trends? Trade ich eine Korrektur, oder befinde ich mich bereits in einem neu geschaffenen Abwärtstrend?

Wenn man nur eine Zeitebene beobachtet, so kann es schnell passieren, dass man von Marktbewegungen überrascht wird, die auf den ersten Blick keinen Sinn ergeben, die sich aber dann als Bewegung der nächsthöheren Zeitebenen herausstellen.


8. Kurszielbestimmung

Wenn wir einen Trade gewagt haben, dann müssen wir früher oder später wieder aus diesem raus, um die Gewinne zu realisieren. Die Frage, die sich also stellt, ist: Wie weiß ich, ob und wann ich das Maximale aus meiner Position herausgeholt habe?

Ich gebe dir die kurze Antwort gleich vorneweg. Du weißt es nicht, und das ist das Wunderbare am Trading.

Im Trading geht es nicht darum, den perfekten Zeitpunkt für den Ein- und Ausstieg zu erwischen. Sollte das dein Ziel sein, dann solltest du das Trading lassen, denn du machst dich damit kaputt. Es geht viel mehr darum, sich ein kleines Stück herauszuschneiden. Wie du dieses Stück herausschneiden kannst, liegt an dir. Ich zeige dir aber jetzt ein paar Möglichkeiten, wie du diese Sache angehen kannst.

Die Problematik einer Kurszielbestimmung ist klar: Sie begrenzt deinen Gewinn. Wenn man dazu den Fakt nimmt, dass die Kurse langfristig steigen, dann muss man auch nie aus einer Position herausgehen. Dann bist du aber kein Trader, sondern ein Investor, der für seine Rente spart, und somit ohnehin falsch hier. Der Grund, wieso wir eine Kurszielbestimmung brauchen, ist, dass wir in kurzfristigen Trends unterwegs sind, und so wenig Emotion wie möglich haben wollen. Wenn wir also eine Möglichkeit der Kurszielbestimmung finden, die oft genug funktioniert, dann brauchen wir nur noch zuzusehen und zu warten, bis unsere Marke erreicht ist. Wenn wir so etwas nicht haben, bekommen wir Panik, sobald der Kurs nur kurz rückläufig ist, und gehen aus Positionen, die vielleicht noch einen guten Profit gebracht hätten.

Es gibt unzählige Möglichkeiten, ein Kursziel zu bestimmen. Diese funktionieren aus dem gleichen Grund, warum auch gleitende Durchschnitte oder Trendlinien funktionieren. Es gibt einfach viele Marktteilnehmer, die auf solche Hilfsmittel schauen. Je mehr Teilnehmer darauf achten, desto wichtiger werden solche Linien.

Trendlinienkanal:

Wie du oben schon gelernt hast, etablieren sich mit der Zeit Trends. Sie ergeben sich durch höhere Hochs und höhere Tiefs. Wenn man die Hochs mit einer Linie verbindet und die Tiefs mit einer Linie verbindet, erhält man einen Trendkanal.

Dadurch erhalten wir auch schon zwei Möglichkeiten, ein Gewinnziel zu bestimmen. Wenn wir einen Trendkanal erkannt haben und er z. B. am unteren Ende des Kanals ist, dann könnte man anstatt den Trend zu traden, auch die Bewegung traden, bis zum oberen Ende des Kanals. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kurs hier dreht, ist recht hoch.

Wenn das aber nicht der Fall ist, und der Kurs den Kanal durchbricht, spricht man von einem sich verstärkenden Trend. In diesem Fall ist es so wie bei den Unterstützungen und Widerständen. Der obere Trendkanal wandelt sich dann von einem Widerstand zu einer Unterstützung. Der vorherig geltende Kanal wird genutzt, um das neue Kursziel zu bestimmen. Dabei wird die Breite des Kanals genommen und diese Breite legt man dann obendrauf auf die neue Linie. Mit anderen Worten: Die obere Trendlinie des alten Kanals wird zur unteren des neuen Kanals, und dieser Kanal wird genauso breit wie der, der verlassen wurde.

Auch runde Marken wie 100 oder 200 finden immer wieder Beachtung und könnten als Kursziel dienen. Das wäre dann einfach ein Ausstieg an den nächsten bekannten Widerstand. Um sie zu finden, musst du dir einfach nur den Chart ansehen und die Stellen finden, an denen sich der Kurs immer wieder aufhält.

Fibonacci-Retracement zur Kurszielbestimmung:

Zu den Fibonacci-Retracements werde ich noch einen separaten und ausführlichen Beitrag schreiben. Ich will dir hier aber schon mal einen kleinen Einblick in die Magie der Retracements geben.

Vorweg will ich mich auch gleich als großen Fan dieser Retracements outen. Es gibt Situationen, in denen die Fibonacci-Retracements unbrauchbar sind. Wenn sie das sind, bin ich aber nicht an der Börse.

Die Fibonacci-Retracements sind ein Trendfolge-Werkzeug. Es basiert auf einer mathematischen Folge von Zahlen, die von Leonardo Fibonacci entdeckt wurde, und ist eng mit dem Goldenen Schnitt, auch der göttlichen Teilung, verbunden. Es wird eingesetzt, um potenzielle Unterstützungs- und Widerstandsniveaus anhand dieser Teilung zu identifizieren.

Dabei gibt es das 0,236-Retracement, das 0,382, das 0,5, das 0,618, das 0,786 und schließlich das 0,100-Retracement. Weiter geht es mit dem 1,618 Retracement. Man spricht bei den Niveaus allerdings vom 38,2-Retracement oder dem 61,8-Retracement, also x100.

Für Korrekturen sind die wichtigsten Zahlen das 50-, 61,8‑ und das 78,6‑Retracement. Diese 3 Linien ergeben die goldene Zone. Bei einer Korrektur eines Trends, fängt sich der Kurs meistens in diesem Bereich. Um diese Linien in den Chart zu bringen, nimmt man das Werkzeug und misst vom letzten markanten Tief zum letzten markanten Hoch.

Mit dem Kursziel ist es ähnlich einfach. Hier geht man vom letzten markanten Hoch zum Korrekturtief. Die Zahlenfolge macht wieder den Rest und zeigt das nächste Extensions-Level an, also die Ausdehnung der Bewegung. Hier steuert der Kurs in der Regel das 161,8er-Retracement an.

Wenn du mit dem Werkzeug jetzt nicht gleich was anstellen kannst, liegt es vermutlich an dieser Mini-Zusammenfassung. Die Retracements sind zu Einigem fähig und ich werde sie dir in einem anderen Beitrag gerne genau erläutern.

Hier geht es nur einmal darum, zu zeigen, wie auch solche Werkzeuge dazu eingesetzt werden können, ein Kursziel zu bestimmen.

Was auch immer du später nutzt, um ein Kursziel zu bestimmen, ist letzten Endes dir überlassen. Es ist nur wichtig, dass du ein System dafür hast, um dem Zufall weiter Einhalt zu gebieten.


9. Indikatoren

Wie ich oben bereits erwähnt habe, gibt es Hunderte von Werkzeugen, die einem Trader dabei helfen können, auf der richtigen Seite zu stehen. Die Indikatoren sind eines dieser Werkzeuge, die dich bei deinem Trading unterstützen können. Dabei ist der Umgang mit diesen Werkzeugen aber nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Gerade Anfänger lassen sich zu sehr von diesen Werkzeugen einlullen. Manche von ihnen zeigen schöne Linien, andere ein paar Streifen, wieder andere erschaffen ganze Kunstwerke auf dem Chart. Bei manchen nimmt das so überhand, dass man kaum noch die Kerzen erkennen kann.

Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, wissen die meisten Anfänger nur sehr beschränkt über die Werkzeuge Bescheid, die sie da auf den Bildschirm klatschen.

Viele nutzen zum Beispiel einen SMA oder EMA und kennen den Unterschied zwischen beiden nicht, traden aber danach. Sie wissen, dass es im Grunde eine Glättung des Kurses ist, aber nach welcher Berechnung? Andere nutzen 5 verschiedene Indikatoren, die letzten Endes fast das Gleiche messen, wenn auch mit einer anderen Berechnungsmethode. Das mag anfangs funktionieren, aber je länger Sie dabei sind, desto mehr werden Sie merken, dass Trading mehr als nur Glück ist (auch wenn es ungemein hilfreich ist). Und wenn das Ganze dann nicht mehr funktioniert, ist es schwer, den Fehler zu finden, wenn man nicht einmal weiß, wie genau der eingesetzte Indikator berechnet wird. Oder was genau er denn jetzt eigentlich misst. Ich plane deshalb auch, eine Seite einzurichten, auf der man die wichtigsten Indikatoren und Oszillatoren finden kann und im Detail erklärt bekommt. Wenn in dieser Richtung etwas vorhanden ist, verlinke ich es hier.

Ich will damit sagen, dass es wichtig ist, seine Instrumente zu kennen, mit denen man arbeitet. Natürlich möchte man sich ausprobieren, und das sollte man auch, aber sobald man sich mit einem Werkzeug sicher fühlt, sollte man sich genauer damit befassen, um zu sehen, was das Ganze eigentlich noch auf den Kasten hat. Und ob man nicht aus Versehen zwei Indikatoren hat, die das Gleiche messen.


10. Fazit:

Ich hoffe, ich konnte dir einen kleinen Überblick über die technische Analyse geben. Ich habe alle Bereiche hier stark gekürzt und vereinfacht, hoffe aber, du verstehst, wie umfangreich dieser Teil sein kann.

Die technische Analyse bietet Tradern wertvolle Einblicke in die Marktbewegungen und ermöglicht es dir, auf der Grundlage historischer Daten fundierte Handelsentscheidungen zu treffen. Durch die Verwendung von Indikatoren wie gleitenden Durchschnitten, MACD und Fibonacci-Retracements können Trader Trends und Muster erkennen, die helfen, potenzielle Kauf- und Verkaufspunkte zu identifizieren.

Obwohl die technische Analyse nicht unfehlbar ist und immer mit einem gewissen Risiko verbunden bleibt, bietet sie uns eine strukturierte Methode, um uns einen kleinen Vorteil zu verschaffen. In Kombination mit einer soliden Risikomanagementstrategie und einem klaren Handelsplan kann die technische Analyse ein mächtiges Werkzeug sein, um langfristig erfolgreich zu handeln.

Natürlich gibt es auch noch die fundamentale Analyse, die nicht als Gegensatz, sondern vielmehr als Ergänzung zur technischen Analyse gesehen werden sollte.

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